„Der eine oder andere fühlt sich vom Bürgermeister verschaukelt“
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  Bensheim. Auch nach dem ersten Bürgerdialog zur Zukunft des Marktplatzes sind für die FDP-Fraktion Bensheim ganz wesentliche Fragen nicht geklärt, die den weiteren Verfahren im Wege stehen.

Insbesondere die untere Denkmalschutzbehörde gerate immer mehr in den Fokus. Diese hatte mit einer Stellungnahme vom 24. Januar 2019 im Vorfeld des Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung für den Neubau entscheidend Einfluss genommen, so die FDP. Hierin hatte sie – wie berichtet – bestätigt, dass ein Abriss des Hauses am Markt ohne einen der Baumasse und Gestaltung nach ähnlichem Neubau aus denkmalschutzrechtlichen Gründen nicht zulässig wäre und deshalb ein Neubau erfolgen müsse.

„Passt alles nicht zusammen“

Am Mittwoch im Kolpinghaus wollte die Behördenvertreterin hiervon jedoch nichts mehr wissen, alles sei möglich und zulässig, vom dreistöckigen Neubau, kleineren Flachbau bis hin zum Freilassen der Fläche. Nach Ansicht der FDP-Fraktion passe dies nicht zusammen. Dass es nun einen offenen Dialogprozess um die Gestaltung des Marktplatzes gibt, sei grundsätzlich positiv.

„Auf dem Weg dahin haben wir jedoch sehr viel Zeit und schon fast eine halbe Million Euro nur für die Planung verloren, von den anderen Kosten und Aufwendungen zum Beispiel in der Verwaltung ganz zu schweigen. Das ist besonders bitter, denn entweder die rechtliche Auskunft aus dem Januar war falsch und es hätte von vorneherein einen offenen Dialogprozess zu Gestaltung geben können. Das wäre bitter für diejenigen in der Koalition, die schon immer offen diskutieren wollten und nur wegen des Drucks seitens Koalitionspartner CDU und Bürgermeister sowie der Auskünfte des Denkmalschutzes die Neubaupläne mitgetragen haben. Oder die Bürger werden hier kräftig verladen und es gibt auch jetzt eigentlich keinen ergebnisoffenen Prozess, weil es enge denkmalschutzrechtliche Grenzen gibt. Bevor das nicht endgültig geklärt ist, macht der Prozess so keinen Sinn“, betont der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion, Jascha Hausmann.

Nach Auffassung der FDP dränge sich allerdings eine bedeutend bedenklichere Erklärung auf: Die völlig unterschiedlichen Stellungnahmen ein und derselben Behörde zu ein und demselben Vorhaben könnten einen rein politischen Hintergrund haben, nämlich, dass zuerst alles dafür getan wurde, den Neubau durchzupeitschen und nach Drehen der öffentlichen Meinung wiederum alles, um diesen Beschluss wieder rückgängig zu machen.

Nach Recht und Gesetz

„Dass der Bürgermeister einen Fehler eingestanden und seine Meinung zum Neubau am Marktplatz geändert hat, steht ihm frei und gehört zu politischen Entscheidungsprozessen. Eine Behörde jedoch hat alleine nach Recht und Gesetz zu entscheiden. Da sich an der rechtlichen Lage in der Zwischenzeit rein gar nichts geändert hat, gibt es keine schlüssige Erklärung für diese Kehrtwende der Denkmalschutzbehörde, außer es handelte sich damals um eine Gefälligkeitsstellungnahme zur Unterstützung eines Prestigeprojektes des Bürgermeisters. Wir werden das jedenfalls so nicht in Raum stehenlassen“ so FDP-Fraktionsvorsitzender Holger Steinert.

Kontakt zum Landratsamt

Ohne die Stellungnahme und dem Vertrauen der Stadtverordneten auf deren juristische Korrektheit hätte es den Beschluss für den Neubau höchstwahrscheinlich nicht gegeben, sind sich die Freidemokraten sicher. Dies hätten auch Reaktionen von Vertretern der Koalition, insbesondere der Grünen, gezeigt. „Der eine oder andere fühlt sich von Bürgermeister Rolf Richter und dem noch amtierenden Ersten Stadtrat Helmut Sachwitz verschaukelt – und das zu recht“, so Hausmann. Man wolle nun Kontakt zum Landratsamt aufnehmen, um den Sachverhalt aufzuklären und einen echten Neustart beim Marktplatz rechtssicher zu ermöglichen, so die FDP. red

© Bergsträßer Anzeiger, Samstag, 28.09.2019

 
 
 
 
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