FDP will mehrere Baustellen schließen
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  Die Spitzenkandidaten der Bensheimer FDP präsentierten ihr Wahlkampfprogramm im Medienhaus Bergstraße. Unser Bild zeigt (v.l.) Willi Rothermel, Jascha Hausmann, Holger Steinert, Anja Schmitt und Dr. Rolf Schepp. © Funck

Bensheim. Das Wahlprogramm der Bensheimer FDP beinhaltet keine Überraschung - und das ist absolut gewollt. "Wir erfinden nicht jedes Mal das Rad neu", erklärt Fraktionschef Holger Steinert. Die Schwerpunkte kommunalpolitischen Handelns der vergangenen 20 Jahren bilden das Fundament für die nächsten Jahre.

Das Ziel für die Abstimmung am 6. März ist klar: Die "kleine, aber feine Opposition" will mit Teamgeist und klaren Aussagen punkten. "Wir sind Bensheim" lautet der selbstbewusste Slogan der Partei um Spitzenkandidat Jascha Hausmann. "Wir haben uns mit allen Themen ernsthaft auseinandergesetzt und in den bekannten Bereichen nach wie vor dringenden Handlungsbedarf gesehen", betont Hausmann.

Die Kernpunkte der Freien Demokraten im Überblick:

Finanzen: Die FDP vermisst eine ordentliche Aufgabenkritik im Rathaus. Strukturell gespart werde nicht, die Bürger aber durch nahezu permanente Steuer- und Gebührenerhöhungen belastet. "Trotz Rekordeinnahmen steigt der Schuldenstand. Das kann nicht sein", so Steinert. Ansatzpunkte sieht man einige - darunter die Abschaffung der Stelle des dritten hauptamtlichen Magistratsmitglieds und der Eigenbetriebe, "um die parlamentarische Kontrolle zurückzugewinnen" (Steinert). Der Verkauf von städtischen Immobilien könnte nach Ansicht der FDP ebenfalls zur Gesundung der Finanzen beitragen. Man habe 200 Gebäude und Grundstücke im Besitz. Das müsse wahrlich nicht sein, meint der Fraktionschef.

Innenstadt: "Es wird immer auf den großen Wurf gewartet, aber man muss kleinere Lösungen finden", beschreibt Hausmann die Situation rund um Bürgerhaus und Beauner Platz. Für ihn und seine Mitstreiter heißt das: Das Bürgerhaus nicht teuer neu bauen oder modernisieren, sondern ertüchtigen. Hoffartgelände verkaufen und den Beauner Platz teilweise in eine Parkanlage zurückverwandeln. Auf der restlichen Fläche könnte man Kurzzeitparkplätze auswiesen, die man dringend benötige, wenn man Geschäfte im Neumarkt-Center ansiedeln will. "Jetzt ist der Platz öde. Aber unser Vorschlag wäre ein Schritt in die richtige Richtung", so Jascha Hausmann.

Marktplatz: Gegen einen Neubau des Hauses am Markt und H&M als Mieter haben die Liberalen grundsätzlich nichts einzuwenden. Aber: "Die Rahmenbedingungen müssen stimmen und alle offenen Fragen zufriedenstellen beantwortet werden", bemerkt Willi Rothermel. Die Stadt dürfe kein Geld in die Hand nehmen, auch nicht über die MEGB. Das Projekt müsse von einem privaten Investor abgewickelt werden, gelenkt durch einen städtebaulichen Vertrag. Entscheidend sei, dass Grund und Boden in Erbpacht vergeben werden.

Parkplätze: Das Parkraumbewirtschaftungskonzept möchte die FDP lieber heute als morgen abschaffen. "Es ist innenstadtfeindlich", so der Tenor der Kandidaten. Für den Handel und die Gastronomie sei es kontraproduktiv. Hinzu kommen die Investitionskosten für die zehn Automaten, die noch dazu im Dunkeln kaum zu bedienen seien. Die Beschwerden der Kunden und Kaufleute würden sich bereits häufen. In den 40 kostenfreien Minuten könne man weder richtig einkaufen noch Mittag essen. Die FDP bezweifelt außerdem, dass die prognostizierten Einnahmen im sechsstelligen Bereich erzielt werden können. Für eine funkionierende Innenstadt braucht es attraktive Rahmenbedingungen - und die sehen Steinert und Kollegen stark gefährdet, wenn die Verkehrsflüsse nicht stimmen und das gebührenfreie Parken erschwert werde. "So wird die Kundschaft vertrieben. Die sind in 20 Minuten über die Autobahn schnell in Viernheim oder Weiterstadt."

Sicherheit: Am Bahnhof und im Stadtpark seien Angsträume entstanden. "Die Bensheimer fühlen sich unsicher. Das darf nicht sein", kritisiert Hausmann. Die Ordnungsbehörden müssten mehr Präsenz auf der Straße zeigen. Früher habe es zudem noch 14 Polizeihelfer gegeben. Übriggeblieben sind drei. "Das hat der zuständige Dezernent schleifen lassen. Sein Vorgänger Matthias Schimpf war da engagierter", urteilen Hausmann und Steinert. Videokameras - wie am Bahnhof - gaukelten eine Scheinsicherheit vor. Das halte Kriminelle nicht ab.

Flüchtlinge: Mit der Außenstelle des Erstaufnahmelagers und dem ehemaligen Mercure-Hotel für minderjährige Flüchtlinge leiste Bensheim seinen Beitrag. Eine Belegung von Turnhallen oder Gemeinschaftshäusern müsse dringend vermieden werden. Das schaffe nur Konflikte. Lob gab es von der FDP für die ehrenamtlichen Helfer.

Energiewende: Eine klare Absage erteilt die FDP Windrädern auf Bensheimer Gemarkung. Das sei energiepolitischer und wirtschaftlicher Blödsinn, betont Hausmann.

Auerbach: Ortsbeiratsmitglied Dr. Rolf Schepp fordert ein klares Konzept für den Bahnhofsvorplatz in Verbindung mit dem alten Gebäude und der Park-and-Ride-Fläche. Für den Tourismus sei es wichtig, dass die Achse Bahnhof - Otto-Beck-Straße - Bachgasse - Fürstenlager gestärkt werde. Eine Förderung der Geschäftswelt sei ebenso notwendig wie ein Drogeriemarkt im Zentrum des Stadtteils. Für den Bereich westlich des Berliner Rings brauche man eine eindeutige Planung. "Da macht momentan baulich jeder, was er will", kritisierte Schepp.

Schönberg: Der Stadtteil müsse als Wohnort attraktiv bleiben, bemerkt Anja Schmitt. "Schnelles Internet wäre ein Traum." Das Hauptproblem sieht sie aber in der Ortsmitte. Entlang der B 47 seien die Gehwege durch parkende Autos blockiert, Anwohner und Fußgänger verärgert.

Diskussionskultur: Die ist nach Ansicht von Holger Steinert im Stadtparlament von Legislaturperiode zu Legislaturperiode immer schlechter geworden. "Viele habe keine Lust mehr, da mitzumachen. Irgendwann wird man Schwierigkeiten haben, Leute zu finden." Man müsse in der Sache hart diskutieren können, aber letztlich auch fair bleiben.

Routiniers und Neulinge

Mit einer guten Mischung aus jungen und routinierten Kandidaten gehen die Freien Demokraten in den Wahlkampf.

Bei der Kommunalwahl 2011 kam die FDP auf 4,0 Prozent - was gleichbedeutend mit zwei Sitzen in der Stadtverordnetenversammlung war. Urgestein Holger Steinert und Hildegard Kaplan-Reiterer zogen damals ins Parlament ein.

Das Duo kandidiert auch 2016 wieder - und zwar auf den Plätzen zwei (Steinert) und vier (Kaplan-Reiterer). Spitzenkandidat ist Jascha Hausmann. Unter den Top acht befinden sich außerdem Thorsten Eschborn, Harald Boeddinghaus, Wilhelm Rothermel, Anja Schmitt und Dr. Rolf Schepp.

Auf der Liste der FDP stehen insgesamt 30 Kandidaten, knapp die Hälfte davon gehört nicht der Partei an.

Die Stadtverordnetenversammlung verfügt über 45 Sitze. Sie wird - anders als der Kreistag - zur Kommunalwahl am 6. März nicht verkleinert.

CDU (17 Sitze) und GLB (10 Sitze) bilden eine Koalition. SPD (9), BfB (4), FDP (2), FWG (2) und der fraktionslose Stadtverordnete Dr. Wolfgang Johannsen komplettieren das Gremium. dr

© Bergsträßer Anzeiger, Samstag, 20.02.2016

 
 
 
 
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