Opposition vermisst den Sparwillen
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  Bensheim. Der Bensheimer Haushalt ist ausgeglichen. Sogar mit einem zarten Plus kann Finanzdezernent Adil Oyan aufwarten. Dass sich nur noch die dienstälteren Stadtverordneten an das letzte Mal erinnern, dass ein solches Ereignis in den Geschichtsbüchern verzeichnet werden konnte, spricht Bände.

Am Donnerstag segnete das Stadtparlament mit den Stimmen der schwarz-grünen Koalition und des fraktionslosen Stadtverordneten Dr. Wolfgang Johannsen das Zahlenwerk ab. Die Opposition stimmte geschlossen dagegen. Die Diskussion verlief wie erwartet, nicht nur, aber auch wegen der Kommunalwahl am Horizont. So prallten die unterschiedlichen Ansichten ungefiltert aufeinander, mal rhetorisch ausgefeilt, mal so unterhaltsam wie eine Wurzelbehandlung beim Zahnarzt. Letzteres deutlich öfter.

Den Protagonisten konnte man kaum einen Vorwurf machen. Die Argumente waren längst ausgetauscht. Die Opposition führte erneut die massive Anhebung der Grundsteuer B von vor einem Jahr ins Feld, kritisierte das längst beschlossene Parkraumbewirtschaftungskonzept und den hohen Schuldenstand, der trotz des leichten Überschusses weiter steigt. "Der Hauptgrund für das Ergebnis liegt in der massiven Belastungswelle der Bürger", bemerkte Philipp Thoma (SPD).

Auf Biegen und Brechen?

Einhelliger Tenor von BfB, SPD, FDP und FWG: Damit CDU und GLB bei der Kommunalwahl am 6. März gut dastehen, müsse der Etat auf Biegen und Brechen eine schwarze Null vorweisen. Holger Steinert (FDP, Bild) rechnet wie auch Franz Apfel (BfB) fest mit einem Nachtragshaushalt im Herbst. Steinert bezeichnete die Vorlage gar als "Augenwischerei", das Ganze sei ein Trick und ein "durchsichtiges Manöver".

Vorwürfe, die von der Koalition selbstredend weit zurückgewiesen wurden. Tobias Heinz (CDU) und Doris Sterzelmaier (GLB) hoben stattdessen hervor, dass die Anstrengungen erfolgreich gewesen seien und man das Ziel eines Haushaltsausgleichs erreicht habe - trotz der Benachteiligungen durch die Reform des Kommunalen Finanzausgleichs. Ansonsten sparte man wie üblich nicht mit gegenseitigen Anschuldigungen. Die Koalition äußerte ihr Unverständnis, warum die Opposition einem Haushalt ohne Defizit und ohne Steuererhöhungen nicht zustimmen können, die Opposition wiederum vermisste den tatsächlichen Willen zum Sparen. Kurzum: Auch vor Ende der Legislaturperiode greifen die alten Gesetzmäßigkeiten. Alles andere hätte auch überrascht.

Die Bensheimer Bürger müssen sich zumindest in diesem Jahr nicht mit Steuererhöhungen herumplagen. Einzige Ausnahme: Die Gebühren für die Stadtbücherei, die Musikschule und das Parktheater-Abo werden moderat nach oben korrigiert (wir haben berichtet).

Wie es allerdings ab 2017 aussieht, steht auf einem anderen Blatt - genauer im Haushaltssicherungskonzept. Dort ist eine Anhebung der Gewerbesteuer von 355 auf 375 Prozent vorgesehen - oder alternativ Mehreinnahmen von 2,5 Millionen Euro, ohne am Hebesatz zu drehen. Ähnliches gilt für die Hundesteuer, die ansteigen soll. Auch die Kindergartengebühren werden dann aller Voraussicht nach nicht mehr stabil bleiben.

Beschlossen ist das alles nicht. Allerdings ist die Stadt auf die Einnahmen angewiesen, um den Haushalt auf Linie zu halten. Doch das ist momentan Zukunftsmusik. Am Donnerstagabend brachten die Stadtverordneten nach rekordverdächtigen zwei Stunden (früher dauerte es gerne auch mal doppelt so lang) die Diskussion um den Etat 2016 hinter sich - zuzüglich 18 Minuten, die man für die Abstimmung der einzelnen Anträge brauchte.

Dafür durften sich die Kommunalpolitiker im Anschluss mit Suppe stärken, die traditionell von Stadtverordnetenvorsteherin Carola Heimann spendiert wurde. Der Ansturm auf die Ausgabestelle war so groß, dass die Sitzung für 15 Minuten unterbrochen werden musste.

Die vorangegangene Beratung des Haushaltsplans konnte den Beteiligten demnach nicht allzu schwer im Magen gelegen haben. dr

© Bergsträßer Anzeiger, Samstag, 19.12.2015

 
 
 
 
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