Ein Freund der klaren Worte
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  Holger Steinert (Bild) ist nach 21 Jahren als Vorsitzender der Bensheimer FDP zurückgetreten. Seine Ämter als Fraktionsvorsitzender der Liberalen und stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher wird Steinert behalten.

Bensheim. Eine Ära ist zu Ende gegangen, eine neue Ära hat bereits begonnen. FDP-Urgestein Holger Steinert hat nach 21 Jahren als Vorsitzender der Bensheimer Liberalen das Steuer vorzeitig einem Jüngeren überlassen.

In einer außerordentlichen Mitgliederversammlung im Hotel Felix gab der Querdenker der politischen Bühne in Bensheim seinen Rücktritt bekannt. Keineswegs aus Frust oder Verärgerung, wie er betonte, sondern wegen Arbeitsüberlastung, Ämterhäufung, Freizeitmangel und vielleicht auch wegen einer gewissen Amtsmüdigkeit.

Steinert war schließlich in den vergangenen Jahren omnipräsent. Er zeigt kommunalpolitisch Flagge, eckt oftmals an, bringt die FDP immer wieder ins Gespräch, redet Tacheles - oft gegen den Strich gebürstet - und sagt ohne Umschweife, was er denkt und wovon er überzeugt ist. "Auch wenn es weh tat", so Steinert. Er wolle ein wenig kürzer treten, begründete er seinen, zumindest für die Öffentlichkeit, überraschenden Schritt. Und: "Die Arbeit geht auf die Knochen."

Am Mittwoch legte er sein Amt als Bensheimer FDP-Vorsitzender nieder. Gleichzeitig wählte die Versammlung Steinert zum Ehrenvorsitzenden des Stadtverbandes. Zu seinem Nachfolger wurde einstimmig der bisherige stellvertretende Vorsitzende Jascha Hausmann gewählt. Der Stellvertreterposten bleibt bis zur Mitgliederversammlung 2016 vakant, neuer Beisitzer wurde der 22-jährige Jurastudent Marian Streit.

Große Fußstapfen

Von "großen Fußstapfen", "wahnsinnigem Einsatz für die Partei", Loyalität, Geradlinigkeit und Beharrlichkeit war die Rede bei der Verabschiedung des Vorsitzenden, der sich keineswegs aus der Kommunalpolitik zurückzieht, sondern als stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher und Fraktionsvorsitzender der FDP weiterhin verbunden bleibt.

Er habe immer mit "Volldampf und Herzblut" für die Liberalen gekämpft, sagte Steinert. Und, eigentlich habe er den Posten schon 2001 abgeben wollen, als er sein Wahlkampfziel erreicht hatte: Nach 29 Jahren Abstinenz war die FDP wieder im Stadtparlament vertreten, "und zwar aus eigener Kraft".

Allerdings seien ihm die potenziellen Kandidaten für den Vorsitz "immer wieder abhanden gekommen", weil diese aus beruflichen oder privaten Gründen von Bensheim wegzogen. 2006 konnte die FDP das gute Ergebnis der vorherigen Wahl nochmals toppen, stellte nach 34 Jahren wieder einen Stadtrat und war in drei Ortsbeiräten vertreten.

Von Höhen und Tiefen sprach Steinert und meinte mit Letzterem das "durch äußere Umstände bedingte" Wahlergebnis von 2006. Man sei gerade noch´mal mit einem blauen Auge davon gekommen. Seinem Nachfolger Jascha Hausmann hinterlasse er einen "Verband, der strukturiert und ordentlich geführt ist und der eine gefüllte Kasse vorweist."

Wie nicht anders zu erwarten, war die Liste der Mitglieder und Gäste lang, die dem neu gewählten Ehrenvorsitzenden Dank und Respekt aussprachen. FDP-Kreisehrenvorsitzender Roland von Hunnius fand große Worte für den Parteikollegen, "der es sich und anderen nicht immer leicht gemacht hat." Er nannte ihn "eine Statue im Hort des Liberalismus in Bensheim". Kreisvorsitzender Till Mansmann bezeichnete Steinert als "Bereicherung für die Demokratie" und als jemand, der sich keinen Maulkorb umhängen lässt. Für FDP-Bezirksvorsitzenden Moritz Promny ist er ein "loyaler Streiter für die liberale Sache".

Die vielen Redner, die Holger Steinert für sein jahrelanges Engagement dankten, bezogen auch seine Lebensgefährtin Anja Schmitt in ihre Laudatio mit ein.

Und wie sieht sich Holger Steinert selbst? Als großen Freund der klaren Worte und als Ur-Südhesse, der den Odenwald und die Bergstraße liebt und im Ried aufgewachsen ist. Und der ein Faible für ein gutes Tröpfchen und ein klares Helles hat. gs

© Bergsträßer Anzeiger, Freitag, 03.07.2015

 
 
 
 
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