Minister hat seine Hausaufgaben gemacht
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  Bensheim. Die Hausaufgabenhilfe der Hemsbergschule ist ein Erfolgsmodell. Davon konnte sich gestern Nachmittag der stellvertretende Ministerpräsident überzeugen. Jörg-Uwe Hahn (FDP) legte bei seiner Sommertour einen Zwischenstopp in Bensheim ein. Begleitet wurde er vom örtlichen FDP-Chef Holger Steinert.

Dass der Besuch kürzer ausfiel als geplant, lag nicht am engen Zeitplan des Politikers. Vielmehr hatten die ehrenamtlichen Betreuerinnen und die Schulleitung wenig Grund zu klagen. Und gute Nachrichten sind schneller erzählt als schlechte. Einzig die Unterbringung der Hausaufgabenhilfe fällt nicht optimal aus. Seit der Gründung vor acht Jahren unterrichtet man im Keller des Gebäudes. "Wir haben uns damit arrangiert", erklärte Annemarie Hieronimus. Die ehemalige Lehrerin koordiniert das Angebot für Kinder mit Migrationshintergrund.

Probleme mit dem Platz

In Absprache mit der Schule können bei Bedarf leerstehende Klassenräume in den oberen Etagen benutzt werden, der Regelfall ist das allerdings nicht. Zumal die Gemeinschaft demnächst noch etwas enger zusammenrücken muss. Die Schulkindbetreuung, bisher in der Rodensteinschule untergebracht, wird vermutlich in Container auf dem Schulhof ziehen.

Jörg-Uwe Hahn zeigte Verständnis für die Platzprobleme und dürfte froh gewesen sein, dass sie nicht seine Baustelle sind. "Das soll der Kollege Wilkes organisieren", verdeutlichte der Integrationsminister gut gelaunt die Zuständigkeiten. Ansonsten sucht das Team an der Hemsbergschule immer noch Verstärkung. 14 Frauen und ein Mann kümmern sich um ihre Schützlinge, die dreimal pro Woche betreut werden.

Weitere Männer wären gerne gesehen. "Wir haben festgestellt, dass bei manchen Kindern die Akzeptanz von Frauen nicht besonders groß ist. Sie sind es nicht gewöhnt, sich Frauen unterzuordnen", so Annemarie Hieronimus. Es sind nicht die einzigen kulturellen Untiefen, die in den vergangenen Jahren umschifft werden mussten. Trotzdem ist es gelungen, die Hausaufgabenhilfe zu etablieren und auszubauen. Im Schnitt kommen 25 Grundschüler, die meistens motiviert und gewillt sind, Ratschläge anzunehmen.

Die Unterstützung außerhalb des regulären Unterrichts zahlte sich im vergangenen Schuljahr aus. Von zehn Abgängern besuchen vier künftig eine Realschule, sechs ein Gymnasium. Wobei nicht alle eine Empfehlung für den höheren Bildungsweg erhalten hatten, "die Eltern es aber ausprobieren wollen", betonte Hieronimus. Sie befürchtet jedoch, dass es den Kindern auf Dauer mehr schadet als hilft.

"Seien Sie nicht frustriert"

"Seien Sie nicht zu frustriert, wenn die Eltern zu viel Ehrgeiz in den Schulweg ihrer Kinder legen", beruhigte Hahn, der als Vater ebenfalls seine eigenen Erfahrungen mit dem Bildungssystem gemacht hat. Er begrüßte ebenso wie Schulleiterin Bianca Kühnreich, dass die Eltern das letzte Wort haben.

Lobende Worte fand der Gast aus Wiesbaden auch für das Engagement der Betreuer, die untereinander ihre Einsatzzeiten und Vertretungen selbstständig koordinieren. "Sie führen unsere Arbeit fort", freute sich Rektorin Kühnreich. Initiiert wurde die Hausaufgabenhilfe von der städtischen Frauenbeauftragten Marion Vatter und Hannelore Lenhard vom Migrationsdienst der Caritas. Das Duo organisiert seit Jahren einen internationalen Frauentreff. Aus dieser Runde kam damals die Anregung.

Nach einer Dreiviertelstunde in lockerer Runde setzte der FDP-Politiker seiner Reise fort - nicht ohne von den angebotenen Keksen zu kosten. Das hat in der Hausaufgabenhilfe Tradition. Bevor die Kinder nach Hause gehen, dürfen sie sich eine Süßigkeit nehmen. Mit dieser Regelung wollte der stellvertretende Ministerpräsident natürlich nicht brechen.

Ohnehin hatte der 56-Jährige seine Hausaufgaben gemacht. Schulleiterin Bianca Kühnreich, die gestern Geburtstag feierte, überreichte er - sehr zu ihrer Überraschung - ein kleines Präsent. Alles in allem eine nette Stippvisite, die ohne großes Wahlkampfgetöse auskam - in Zeiten wie diesen keine Selbstverständlichkeit.

© Bergsträßer Anzeiger, Donnerstag, 08.08.2013

 
 
 
 
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