Von Mehrwert bis Werte-Erhalt
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  Bensheim. Die Diskussion um die Zukunft des Bürgerhauses lässt sich nicht allein an Zahlen festmachen. Ein Wert spiegelt jedoch anschaulich das große öffentliche Interesse an der Debatte und dem Bürgerentscheid am Sonntag (10.): Allein in den vergangenen sechs Wochen veröffentlichte der Bergsträßer Anzeiger 46 Leserbriefe, die sich mit der Problematik auseinandersetzten.

Bei einem Kamingespräch des BA hatten sowohl Mitglieder der Bürgerinitiative "Bensheimer Bürgerhaus bleibt" als auch Vertreter aller Fraktionen in der Stadtverordnetenversammlung sowie Baudezernent Helmut Sachwitz die Möglichkeit, zu offenen Fragen Stellung zu beziehen (wir haben berichtet).

In einer abschließenden Runde konnten die Teilnehmer kurz und bündig ihre Position darlegen. Überraschungen gab es dabei keine. Der Erste Stadtrat und die schwarz-grüne Koalition sehen in einem Neubau auf dem Hoffartgelände die beste Lösung für Bensheim, die BI sowie die Oppositionsfraktionen werben für eine Sanierung und damit den Erhalt am jetzigen Standort. Die Stellungnahmen im Einzelnen:

Erster Stadtrat Helmut Sachwitz: "Der städtebauliche Wettbewerb war der richtige Weg, um den Bürgern am Sonntag eine echte Wahl zu geben." Ohne den Wettbewerb wäre eine Entscheidung nicht möglich gewesen. "Ein Neubau ist die wirtschaftlichste Lösung." Er biete einen Mehrwert und eine Aufwertung des gesamten Bereichs, der mit einer Sanierung nicht erreicht werden könne.

Markus Woißyk (CDU): "Es ist legitim aufzuzeigen, welche Alternativen das Quartier verträgt", meinte der Fraktionsvorsitzende mit Blick auf den Wettbewerb. Man müsse das Bestmögliche für die Stadt herausholen, besonders hinsichtlich des städtischen Haushalts. "Die günstigste und dauerhafteste Lösung ist ein Neubau. Dafür treten wir ein." Auch deshalb, weil es nach der Lesart des CDU-Fraktionsvorsitzenden zusätzliche drei Millionen Euro Fördermittel nur für einen Neubau gebe.

Doris Sterzelmaier (GLB): "Für uns ist es wichtig, dass die Bürger gut informiert entscheiden können." Dafür habe man den Gestaltungswettbewerb gebraucht, der gezeigt habe, dass ein Neubau für acht Millionen Euro möglich ist. "Es ist richtig, dass man Werte erhalten sollte - aber nicht um jeden Preis", so die GLB-Chefin. Ein Neubau auf dem Hoffartgelände beseitige einen städtebaulichen Missstand und schaffe einen Mehrwert für das Viertel rund um den Beauner Platz.

Philipp Thoma (SPD): "Ein 36 Jahre altes Haus einfach abzureißen, ist nicht in Ordnung." In Bensheim gebe es eine Nachfrage nach einem richtigen Bürgerhaus, nicht nur nach einem großen Saal. "Auch wir haben einen Lernprozess durchgemacht", erklärte der Fraktionsvorsitzende. Bei einem Abriss des Bürgerhauses stelle sich die Frage, was am alten Standort passiere. "Wir dürfen uns nicht in Abhängigkeit von einem Investor begeben."

Franz Apfel (BfB): "Der städtische Gestaltungswettbewerb war ein satter Beintritt gegen die BI und die Bürger." Man hätte auch Entwürfe für eine Sanierung des Bürgerhauses darstellen müssen. "Bensheim hat hohe Schulden, ein hohes Defizit im Haushalt - und dann noch ein Neubau, den der Bürgermeister vor ein paar Jahren erst zurückgenommen hat, obwohl die finanzielle Situation damals besser war." Eine wichtige Frage sei auch: Was passiert, wenn am Sonntag das Quorum verfehlt wird, sich aber dennoch die Mehrheit für eine Sanierung ausspricht? Darüber dürfe man dann nicht einfach hinweggehen.

Günther Müller-Falcke (FWG): "Es wird zwar die meiste Zeit über Kosten gesprochen. Aber es ist keine Entscheidung über Kosten. Es geht darum, unser Stadtbild so zu erhalten, wie es ist. Mit dem Bürgerhaus am jetzigen Standort." Bei einer Sanierung gebe es zudem nicht die Unsicherheit, dass über zwei Jahre eine große Baustelle in diesem Bereich entstehe.

Wilhelm Rothermel (FDP, Foto): "In Bensheim herrscht die Wettbewerberitis". Es werde dafür viel zu viel Geld ausgegeben. Die FDP ist für eine Sanierung, "weil der Standort den Zugang zur Innenstadt und zur Fußgängerzone gewährleistet". Außerdem biete das alte Bürgerhaus mehr Platz und Fläche. "Man muss ja keine Vollsanierung für 7,4 Millionen Euro machen", so Rothermel.

Martina Evertz (Sprecherin der Bürgerinitiative): "Es steht wunderbar, es hat eine gute Substanz und auch einen ideellen Wert" - für die Bürgerinitiative spricht vieles für den Erhalt des Bürgerhauses am Beauner Platz. Die BI habe in den vergangenen Monaten mit sehr vielen Leuten gesprochen und dabei "eine riesige Unterstützung" erfahren. "Wir haben mehr Unterschriften gesammelt als nötig." Auch nach der Kostenschätzung für eine Sanierung habe sich an diesem Rückhalt nichts geändert. Nach Ansicht der BI verunsichern die Ergebnisse des Gestaltungswettbewerbs die Bürger. Schließlich stehe noch nicht fest, was letztendlich gebaut würde.

© Barbara Cimander und Dirk Rosenberger, Bergsträßer Anzeiger, Donnerstag, 07.03.2013

 
 
 
 
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