Es bleibt bei der Grundsteuer-Erhöhung
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  Bensheim. Höhere Steuern? In der Bevölkerung ähnlich beliebt wie ausrangierte Atomkraftwerke oder ausufernde Spritpreise. Akzeptanz ist oft nur gegeben, wenn sich die Notwendigkeit begründen lässt und eine gerechte Verteilung durch alle Schichten gegeben ist.

Die Bensheimer Stadtverordneten haben in ihrer Juni-Sitzung eine Erhöhung der Grundsteuer B beschlossen - von 260 auf 295 Prozent, wirksam ab dem 1. Januar 2012. Kämmerer Matthias Schimpf rechnet mit jährlichen Mehreinnahmen von 500 000 Euro. Am Donnerstag kam das Thema erneut auf die Tagesordnung.

Die FDP-Fraktion beantragte eine Rücknahme der Erhöhung. "Ein untaugliches Mittel zur Gesundung der Stadtfinanzen", begründete Holger Steinert (Bild) für seine Fraktion. Es sei das falsche Signal und zudem unsozial, "da die Erhöhung vor allem Haus- und Wohnungsmieter trifft, das heißt Familien mit Kindern oder Senioren".

Statt die Bürger stärker zu belasten, solle die Stadt "endlich anfangen zu sparen", so Steinert. Die Aufforderung der Kommunalaufsicht nach einer Anhebung bewertete er als weniger dringlich, zumal aufgrund der Steuerschätzung für 2011 mit höheren Steuereinnahmen zu rechnen sei.

Tobias Heinz (CDU) hielt erwartungsgemäß dagegen. Er verwies auf die angespannte Lage der städtischen Finanzen und sprach von einer relativ geringen Belastung für Einzelne und einer maßvollen Erhöhung. Wer sozial benachteiligt in einer kleinen Wohnung lebt, zahle weniger als Eigentümer großer Grundstücke. Ähnlich argumentierte Andreas Rossa für die Grüne Liste, der noch anfügte, dass es seit 2001 keine Anhebung mehr gegeben hat.

Dr. Klaus Brückner (SPD) kritisierte die Entscheidung, das Thema vor über zwei Monaten "zu später Stunde nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchpeitscht" zu haben. Die Stadtverordneten hätten nicht die nötige Sorgfalt walten lassen, denn die Belastung falle großflächig für alle Bürger aus. Eine zusätzliche Belastung sah auch Joachim Uhde ("Bürger für Bensheim"). Er schlug vor, die halbe Million Euro stattdessen über Gewerbesteuereinnahmen zu generieren. Günther Müller-Falcke (Freie Wähler) lehnte es ab, den damals gefassten und von den Freien Wählern mitgetragenen Beschluss wieder zu kippen.

Stadtrat Matthias Schimpf verdeutlichte die seiner Meinung nach bestehende Notwendigkeit, zusätzliches Geld in die Kassen zu spülen. Durch die Wirtschaftskrise seien allein im Jahr 2009 16 Millionen Euro weniger Einnahmen erzielt worden als im Jahr zuvor. Er betonte abermals, dass die Kommunalaufsicht die Stadt zwingend angewiesen habe, eine Erhöhung in den Haushaltskonsolidierungsplan aufzunehmen.

Die prognostizierten zusätzlichen 500 000 Euro auf der Habenseite bei einem Defizit im Ergebnishaushalt von 13,5 Millionen Euro bewertete er als einzelnen Baustein auf dem langen Weg zu einem ausgeglichenen Haushalt. Als weiteres Beispiel nannte der Kämmerer die Spielapparatesteuer, die die Verwaltung als eine der ersten in Hessen rechtssicher mit dem höchsten Satz eingeführt hat. Schimpf rechnet dadurch mit 400 000 Euro mehr im Etat.

Holger Steinert erläuterte zwar abschließend, dass es ihm und seiner Partei weder um den Wegfall noch um eine Steuersenkung, sondern lediglich um die Rücknahme einer Erhöhung gehe, eine Mehrheit konnte er jedoch nicht für sich gewinnen. Die schwarz-grüne Koalition sowie die Freien Wähler lehnten seinen Antrag ab, Unterstützung gab es für die FDP von den "Bürgern" und der SPD.

Bergsträßer Anzeiger 3. September 2011

 
 
 
 
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