Stolpersteine - Argumente der Bensheimer FDP sind fragwürdig
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  Herr Steinert, Fraktionsvorsitzender der Bensheimer FDP, lehnt die Verlegung von Stolpersteinen als Erinnerung an die verfolgten und ermordeten Bensheimer Juden ab. Das ist sein gutes Recht, aber seine Argumentation ist aus meiner Sicht fragwürdig.

Er sorgt sich um die heutigen Besitzer der Häuser, in denen die verfolgten Juden wohnten, aus denen sie vertrieben wurden und vor denen jetzt die Stolpersteine verlegt werden sollen. Natürlich wird es einigen Besitzern nicht recht sein, wenn durch die Stolpersteine offensichtlich wird, dass hier früher Juden wohnten und in diesem Zusammenhang die Frage aufgeworfen wird, unter welchen Umständen dieses Gebäude erworben wurde.

Sollte man deswegen darauf verzichten darauf hinzuweisen, dass hier bis zu ihrer Vertreibung jüdische Mitmenschen lebten? Im Übrigen: Sollte im Zusammenhang mit der Vertreibung der Juden aus ihrem Eigentum ein Schnäppchen gemacht worden sein, so trifft dies die damaligen Käufer und nicht deren Kinder und Enkelkinder - es gibt keine Sippenhaft.

Herr Steinert unterstellt Gunter Demnig, dem Initiator der Stolperstein-Aktion, er mache mit diesem "pfiffigen Einfall" ein "höchst lukratives" Geschäft. Eine derartig einseitige Argumentation, bei der weder die Kosten der in aufwendiger Handarbeit hergestellten, von Demnig selbst verlegten Stolpersteine (ein Stolperstein kostet 95 Euro) berücksichtigt werden, lässt bei mir das Klischee des Reibach machenden Juden und seiner Helfer aufkommen.

Herr Steinert muss nicht befürchten, dass die Stolpersteine den Bensheimer Stadtsäckel belasten: Die Kosten werden von privaten Sponsoren aufgebracht.

Weshalb Herr Steinert gegen die Stolpersteine mit dem "Argument" polemisiert, dass man mit ihnen bei rechtsradikal infizierten Menschen keinen Sinneswandel hervorrufen könne, erschließt sich mir nicht. Mit der gleichen Auffassung müsste er eigentlich auch gegen die anderen, bereits in Bensheim vorhandenen Gedenkstätten sein, da man damit meines Erachtens kaum einen Neonazi bekehren kann.

Gute Ergänzung zu Gedenkstätten Ich hoffe, dass die Bensheimer Stadtverordnetenversammlung möglichst bald eine positive Entscheidung zur Verlegung von Stolpersteinen trifft. Die Steine würden eine gute Ergänzung zu den bereits bestehenden Gedenkstätten sein: Genauso wie der Gedenkstein am Kirchberg und die hervorragende Gedenkstätte am Platz der ehemaligen Synagoge würden sie an diesen Orten an die Verbrechen der Nationalsozialisten erinnern.

Hier lebten die Bensheimer Juden, von hier aus wurden sie vertrieben. Durch die Stolpersteine gibt man den Verfolgten vor Ort ihre Namen zurück, mit wenigen Daten werden ihre Schicksale beschrieben. Sie zeigen auch auf, dass die verfolgten Personen "mitten unter uns" wohnten und viele Bürger trotz oftmals gegenteiliger Aussage sehr wohl von den Aktionen gegen ihre jüdischen Mitmenschen wussten.

Beim Gang durch Bensheim würden die Bürger so jeden Tag an verschiedenen Stellen durch die Stolpersteine an diese Geschehnisse erinnert werden.

Dr. Fritz Kilthau Scheuergasse 26 64678 Zwingenberg

Bergsträßer Anzeiger 04. Juni 2010

 
 
 
 
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