Städtische Haushaltspolitik in der Kritik
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  Bensheim. Holger Steinert (5.v.r.) bleibt für weitere zwei Jahre an der Spitze der Bensheimer FDP. Ohne Gegenstimmen wurde er am Donnerstag als Vorsitzender in seinem Amt bestätigt. Seit 1994 führt Steinert den Stadtverband als unangefochtener Frontmann. Auch bei der Wahl am Donnerstag wurden die Führungsqualitäten des Fraktions-Chefs nicht infrage gestellt.

Das weitere FDP-Team präsentiert sich mit kleinen personellen Änderungen. Die Mitgliederversammlung entschied sich für die Stellvertreter Wilhelm Rothermel und Simon Breuser als doppelte Verstärkung des Vorsitzenden.

Fleißige Opposition

Schatzmeister bleibt Rudolf Schmitt, dem eine korrekte Kassenführung bestätigt wurde. Als Europabeauftragte ist weiterhin Barbara Rohlfs aktiv. Teja Fuchs, der nicht mehr als Stellvertreter kandidierte, wurde zum Beisitzer gewählt. An seiner Seite sitzen Volker Opitz, Dr. Rolf Schepp sowie - neu - Gregor Stiesberg und Thorsten Eschborn. Die Juli-Vorsitzende Alexandra Münch ist kraft ihres Amtes ebenso in den Vorstand eingeklinkt.

In seinem Rechenschaftsbericht pflegte Steinert seine Rolle als klartextender Kommunalpolitiker und Stadtverordneter. Nach einem Abriss über die Aktivitäten des Stadtverbands knöpfte er sich die aktuellen Bensheimer Verhältnisse vor.

Die FDP habe sich in den vergangenen neun Jahren als kritische und fleißige Opposition behauptet, in der laufenden Legislaturperiode seien über 140 Anträge und Zusätze eingebracht worden. Lokale Erfolge wie eine Ausdehnung der Bewirtschaftungszeiten der Außengastronomie und die Vergrößerung des Weihnachtsmarktes gingen eindeutig auf liberale Ideen zurück, so der Vorsitzende im Hotel Felix.

Trotz infrastruktureller Erfolge und dem guten Abschneiden bei den zurückliegenden Wahlen gebe es keinen Anlass für einen Schmusekurs mit der schwarz-grünen Stadtkoalition.

Steinert kritisierte eine unausgegorene Haushaltspolitik, die sich in einem Jahresdefizit von über 20 Millionen Euro darstelle. Ein Desaster für die größte und einkommensstärkste Stadt der Bergstraße, so der Vorsitzende, der es als große Leistung bezeichnete, die kommunalen Finanzen in ein derart tiefes Loch zu fahren. "Wenn die Kasse leer ist, muss man auf große Projekte verzichten können." Dies sei in Bensheim leider nicht geschehen. Zielscheibe von Steinerts Pfeilen waren auch die Kollegen in der Opposition.

"Inhaltsarme Sonntagsreden"

Die SPD habe ihre hoffnungsvolle Fraktionsspitze "gekillt" und ein Team nachgeschoben, das wenig politischen Dampf verspreche. Bei den Freien Wählern erkennt er chronische Uneinigkeit und inhaltsarme Sonntagsreden. Zum Thema Raumentwicklung wiederholte der FDP-Chef seine Forderung nach einer vorrangigen Vermarktung der verfügbaren, brachliegenden Gewerbeflächen. Eine Neuausweisung von Stubenwald II sei auch angesichts des vielzitierten demografischen Wandels nicht zu verantworten:

In den kommenden fünf Jahren erkennt Steinert eine völlig andere Bedarfssituation in Wirtschaft und Gesellschaft. Kommunale Entscheidungsträger müssten in der Lage sein, solche Tendenzen zu erkennen und entsprechend flexibel zu reagieren. Obwohl selbst kein Feind markiger Worte, kritisierte der Fraktionschef die verbalen Entgleisungen in der jüngsten Kreistagssitzung (wir berichteten). Der SPD-Landtagsabgeordnete Norbert Schmitt habe sich hier völlig daneben verhalten.

Für den FDP-Kreisvorsitzenden und Landtagsabgeordneten Frank Sürmann ein Kapitel politischer Unkultur, die in ihrer Außenwirkung die Verdrossenheit der Bürger schüre. Er mahnte zu einem sachlicheren Dialog zwischen den Parteien.

Zur Millionen-Parteispende für die Bundes-FDP sagte Sürmann, dass es in keinen Zusammenhang mit der beschlossenen Senkung der Mehrwertsteuer gebe. "Die Sache war legal", sei aber durch eine "hinterlistige Debatte in ein trübes Licht gerückt" worden. Parteispenden aus der Solarwirtschaft an SPD und Grüne würden vergleichsweise unkritisch diskutiert. tr

Bergsträßer Anzeiger 06. März 2010

 
 
 
 
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