Melibokus: FDP-Chef Holger Steinert haut auf den Putz | |||
Melibokus: FDP-Chef Holger Steinert haut auf den Putz
"Ein überflüssiger Betonklotz"
Bensheim. Melibokus, Auerbacher Schloss, Starkenburg: Diese Dreierkette
bestimmt seit Jahrzehnten das Panorama der Bergstraße. Seit gestern
rollen auf dem Gipfel des Melibokus die Bagger, um die militärisch
genutzten Anlagen dem Erdboden gleich zu machen (wir haben berichtet).
Mehr Grün wird es aber nicht geben, denn die Flächen sollen versiegelt
werden - und der 50 Meter hohe Funkmast bleibt erhalten. Außerdem sucht
der Melibokusturm-Verein weiter nach Mitteln und Wegen, den
benachbarten Aussichtsturm zu sanieren. Keine glückliche Entscheidung,
findet zumindest Holger Steinert, Vorsitzender der Bensheimer
FDP-Fraktion.
Altlast des Kalten Krieges
In einer Stellungnahme haut er gewaltig auf den (bröckelnden) Putz:
"Statt die Gelegenheit zu nutzen und den Gipfel des Melibokus von
dieser Altlast des Kalten Krieges zu befreien und wieder der Natur
zurückzugeben, wird unter anderem mit Steuergeldern aus einigen
umliegenden Städten und Gemeinden allen Ernstes die dauerhafte
Erhaltung dieser Scheußlichkeit angestrebt."
Steinert spricht zwar zunächst nur vom Funkturm der ehemaligen
amerikanischen Militärbasis, bezieht aber offenbar in seine
Ausführungen auch den 1966 errichteten 27 Meter hohen Turm ein. Auch
diesem sanierungsbedürftigen Gebäude spricht er die
Existenzberechtigung ab.
"Das Land Hessen hat zwar seine positiven Signale (für die
Unterstützung einer Sanierung) wieder zurückgezogen, aber es bleibt zu
befürchten, dass der Melibokusturm-Verein, der in meinen Augen ebenso
überflüssig ist wie der Turm, nicht aufgeben wird", meint der
Kommunalpolitiker.
Der Melibokusturm-Verein wurde im Jahr 1961 gegründet. Er hat derzeit
23 Mitglieder. Vorsitzender ist Bürgermeister Thorsten Herrmann. Die
Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung hatte sich dieses Jahr für
eine finanzielle Zuwendung an den Verein in Höhe von 20 000 Euro
ausgesprochen. Das Geld soll für die Arbeiten am Turm verwendet werden.
Bereits während der Sitzung hatte die FDP-Fraktion die Sinnhaftigkeit
der Finanzspritze bezweifelt. In seiner Erklärung legte Steinert noch
einmal nach: "Was an diesem hässlichen, überflüssigen und die Natur
verschandelnden Betonklotz erhaltenswert sein soll, muss mir - und
wahrscheinlich nicht nur mir - irgendjemand erklären."
Harte Worte des liberalen Mandatsträgers, der allerdings dafür bekannt
ist, zu vielen Themen offen und direkt seine Meinung zu äußeren.
Nur: Was sagen die Menschen in Bensheim und an der Bergstraße dazu?
Soll auf dem Gipfel des Melibokus zum großen Beton-Kahlschlag ausgeholt
werden, damit sich dort Fuchs und Hase wieder ungestörter gute Nacht
sagen können und das Bergstraßen-Panorama bereinigt wird? Oder soll der
Verein seine Bemühungen zum Erhalt des Turmes fortsetzen?
Turm muss saniert werden
Die Ausgangslage ist zurzeit folgende: Der ehemalige Funkmast wurde von
der GGEW AG gepachtet, damit das Tochterunternehmen " GGEW net" von
dort aus Internet per Funk anbieten kann.
Und am pilzförmigen Turm hat der Zahn der Zeit schwer genagt. 120 000
Euro kostet eine Komplettsanierung. Da nach jetzigem Stand keine
Fördermittel aus Wiesbaden fließen, fehlt dem Verein ein ansehnlicher
Betrag, um das Vorhaben durchzuziehen.
Mit dem Geld aus den kommunalen Töpfen (Bensheim, Zwingenberg und
Alsbach-Hähnlein haben "gespendet") könnte lediglich eine Minimallösung
nächstes Jahr angegangen werden. Ein Abriss kommt für den Verein nicht
in Frage. Interessant ist die Diskussion über die Zukunft der Anlagen
auf dem höchsten Gipfel der Bergstraße allemal - es dürfte nicht das
letzte Mal gewesen sein, dass das Thema öffentlich abgehandelt wird. dr
Bergsträßer Anzeiger 30. September 2008 |
|||